the fuckening

Fumio hatte gleich zwei Kannen Kaffee aufgesetzt, weil er jetzt schon wusste, dass er das brauchen würde. Außerdem hatte er ja jetzt Mitbewohner, das war wild. Er selbst wohnte ja selbst schon etwas länger hier, dementsprechend wenig Schlaf hatte er die letzten Monate gehabt. Aber halb so wild. Bald würde sich das wenigstens preislich rentieren.
In anderthalb Stunden würde der erste potenzielle neue Mitbewohner klingeln. Und eigentlich hatte er keine Lust aber lel, irgendwann und wie musste er sich ja damit auseinander setzen. Er hoffte jetzt einfach, dass die anderen drei ready waren, wenn es hier los ging. Vielleicht freuten sie sich über den Kaffee.

Jen kam schnüffelnd in die Küche und blinzelte träge nach einer kurzen Nacht. Der Kaffeegeruch hob ihre Laune. Die brummte trotzdem unmotiviert und blieb ohne Hintergedanken mitten in der Küche stehen, um sich zu strecken, bevor sie Fumio begrüßte.
"Ist der Kaffee bald fertig? Ama und Seth sind auch gleich da", setzte sie ihn in Kenntnis und schaute sich um. Die Stühle waren noch aufgestapelt. Jen sah keinen Grund mehr zu tun als nötig und nahm sich umständlich einen Stuhl weg, bevor sie sich am Tisch einfach fallen ließ und Fumio anschauend den Kopf auf die Platte legte.
"Gut geschlafen?", fragte sie.

Fumio gab ein vages Geräusch von sich, das ja wie auch nein auf beide Fragen hätte sein können. "Braucht ihr was Festes zum Frühstück oder seid ihr eher die Kaffee und Kippe Leute?" Er war, was das anging, weniger gesund lebend als einfach die klassische Nutte fürs Nuttenfrühstück.

Jen brauchte einen Moment, um die Frage zu beantworten, weil sie müde war und noch nicht denken konnte. "Ich brauche nur Kaffee und ich judge dich, wenn du vorm Essen rauchst. Aber die anderen... essen... irgendwas. Man, bin ich müde", murmelte sie zuletzt zu sich.
"Guten Morgen, ihr Hasenöhrchen", grüßte Seth und blieb ebenfalls mitten im Raum stehen. "Habt ihr auch so gut geschlafen?"
Jen knurrte und machte die Augen zu. "Ist der Kaffee fertig?", fragte sie erneut.
"Naw, du siehst aber müde aus. Soll ich dir auch Rührei mitmachen?" Seth tätschelte Jens Schulter.
"Wenn der Herd sich gestern von selbst angeschlossen hat, leg los", maulte sie.
"Oh." Nach einem Augenblick bewegte er sich weg. Jen hörte, dass er den Kühlschrank öffnete und seufzte. "Das ist nicht schön", stellte er fest.
"Wir haben nur Joghurt", sagte Ama. Jen öffnete die Augen und knurrte irgendetwas unverständliches als Gruß. Ama zerzauste ihr die Locken und es machte Jen für einen Moment noch etwas müder, als sei das noch möglich.
Die anderen setzten sich irgendwann zu Jen. Seth streichelte ihr über den Rücken.
"Ich werde hier, im friedlichen Schottland, bei ausreichend Gehalt für mehr als einen beknackten Joghurt, an meinem neuen Tisch in meiner neuen Wohnung verhungern", stellte Jen fest.
"Ich füttere dich gleich", antwortete Ama und kicherte. "Dich auch, Fumio, setz dich mit her, wir beißen nicht." Nach kurzem Zögern fügte sie an: "Ich garantiere nicht für Jen."

Fumio zog sich sein Drehzeug aus der Tasche seines Morgencardigans. Geraucht wurde draußen, auf dem Balkon der sich von der Küche über das gesamten Wohnbereich erstreckte.
"Es gibt noch Instantramen", merkte er an, weil das seine Hauptnahrungsquelle in den letzten Monaten gewesen war. Von der Küchenzeile, an der betont nicht müde lehnte, bewegte er sich trotzdem nicht weg. "Wir haben drei Gespräche mit vier Leuten. Mit etwas Glück sind wir in drei Stunden durch."

Jen spielte kurz mit dem Gedanken, sich eine Packung Instantramen zu gönnen, aber musste dazu aufstehen und damit war die Sache wieder vom Tisch.
"Mit etwas Glück", wiederholte Jen. "Allein, weil ich nicht so lang schlafen konnte wie ich wollte, finde ich die jetzt alle schon scheiße."
Sie drehte den Kopf zu den anderen am Tisch.
Ama zuckte die Schultern und öffnete ihren Joghurt. "Ich freu mich eigentlich schon drauf, ich meine, so lernen wir einfach neue Leute kennen, die sich vielleicht sogar in der Stadt auskennen. Kann nicht schaden."
"Eben und vielleicht kriegen wir auch jemanden dazu, den Herd anzuschließen", mutmaßte Seth. "Irgendwo steht immer ein Dummer auf, du verstehst."
"Wusste gar nicht, dass du so mies sein kannst, Clearwater." Jen grinste schief und konnte sich dazu aufraffen, den Kopf zu heben. Sie schaute sich nach der Kiste mit den Tassen um, zwang sich dazu aufzustehen und Tassen für alle zu holen und stellte sie zur Kaffeemaschine. "Hast du Ideen, wie wir vielleicht ein paar Gespräche verkürzen können?", wandte sie sich an Fumio, goss ihm die erste Tasse Kaffee ein und schob sie ihm zu.

Fumio zuckte mit den Schultern. "Ich frage einfach meine Fragen und das sollte bei einfachen Antworten nach zwanzig Minuten vorbei sein, aber ich bin ehrlich gesagt froh, wenn sie ein wenig mehr reden", sagte Fumio. "Das macht die Auswahl einfacher." Mehr Informationen und so. Konnte nicht schaden, auch wenn er definitiv keine Lust auf viel Reden hatte. "Zucker? Milch?" Damit richtete er sich an alle.

"Stimmt auch wieder", pflichtete Jen ihm bei. Sie trank ihren Kaffee nur mit Milch und warf Ama und Seth einen wertenden Blick zu, als einer viel Milch und einer viel Zucker wollte.
"Was müssen wir bis dahin noch machen?", fragte sie in die Runde.
Seth merkte an, dass er mit seinem Hund spazieren gehen musste, Ama meldete sich freiwillig für das Aus- und Wegräumen der Kisten im Wohnzimmer.
"Dann räume ich unser Zeug für die Küche ein", beschloss Jen. Es handelte sich hier um einfache Arbeit, zu der sie sich trotz Müdigkeit im Stande sah. Hoffentlich schlug das die Zeit tot.

Fumio wollte was machen, aber sein Körper sagte Nein. Er tat also vor allem so, als würde er auf dem Balkon irgendetwas Wichtiges machen, aber tatsächlich war er hauptsächlich am Rauchen. Aber er musste ja auch Visionieren. Sich eine Platte machen, was für Möbel hier hin sollten und wie man gut Pflanzen befestigen konnte - da konnte er sicher Ama arrangieren, die hatte ein gutes Händchen dafür und vermutlich weniger Hass auf Erde unter den Fingernägeln als er.
Am Ende schlug wohl alles die Zeit recht gut tot, denn es klingelte genau pünktlich.
Der Trick dabei war, dass Nemo schon zwanzig Minuten vor dem Haus gestanden hatte, weil zu spät kommen peinlich war, aber zu pünktlich kommen war halt auch peinlich. Fumio öffnete die Tür und Nemo stand da und hielt awkward Unna auf dem Arm, weil er sonst nicht wusste, was er mit seinen Händen machen sollte.
"Nemo, richtig?", fragte Fumio ohne zu lächeln, denn es war zu früh zum Lächeln.
"Hah", machte Nemo. "Ja, ich meine, ja." Er setzte Unna ab und nahm die Hand an, die Fumio ihm hinhielt. Unna ging gleich interessiert alles in Reichweite beschnüffeln.

Seth versuchte indessen vergeblich, seinen Hund festzuhalten, um ihm das Laufgeschirr abzunehmen, weil Tesco den kleinen Dackel entdeckt hatte und ihn begrüßen gehen musste. Seth stolperte halb über die Leine, die der Hund hinter sich her zog, ohne auf die Kommandos zu hören. Das machte mit Sicherheit einen großartigen Eindruck bei potenziellen neuen Mitbewohnern.
Im Flur angekommen lächelte Seth peinlich berührt den Mann an, den Fumio hereingelassen hatte. "Hi", grüßte er fröhlich und gab ihm auch die Hand. "Ich bin Seth und das da ist Tesco, der findet gern Freunde, aber ich denke, das machen wir ja alle, hehe. Freut mich, dich kennenzulernen! Du hast einen echt niedlichen Dackel!"

"Hey, hey Unna. Unna komm zurück. Bitte renn keine Leute und Hunde um", sagte Nemo und man könnte annehmen, dass der Hund da drauf schiss, weil es sich nicht wie ein Befehl anhörte. Aber als Unna zu Nemo schaute, hatte sie auch Tesco und Seth fast schon wieder vergessen und kam zurück.
"Danke", sagte sie dann zu Seth. "Und hi. Dein Hund ist aber auch cool. Er sieht..." Er wollte nicht nochmal cool sagen. "Sehr toll aus." Er fühlte sich so dumm. Erst recht bei Fumios Blick.
"Komm mit in die Küche", sagte der noch zu Nemo und ging schonmal voraus. "Willst du kalten Kaffee?"
"Äh, ja gern", sagte Nemo, der nicht nein sagen wollte.

Seth glaubte, sich bei dem Angebot von kaltem Kaffee verhört zu haben. Fumio würde sicher ein guter Gastgeber sein und frischen brühen. Tesco trottete ihm langsam hinterher auf dem Weg zur Küche.
Im Wohnzimmer tippte Seth Ama auf die Schulter, um sie auf den Gast aufmerksam zu machen.
Sie drehte sich überrascht um und lächelte. "Oh, Hi", grüßte sie Nemo freundlich und reichte ihm die Hand. "Ich bin Ama, freut mich, dich kennen zu lernen!"

Aber Fumio brühte keinen neuen Kaffee. Er kippte die kalte Plörre in eine Tasse und reichte sie Nemo, der sie entgegen nahm und sich sogar noch dafür bedankte. Er war auch sehr froh, dass er kalt war, denn als Ama ihn ansprach erschrak er sich so dass ihm Kaffee über die Finger schwappte. Weil er die Tasse in der rechten Hand hatte, nahm er ihre Hand super awkward mit der linken an. "Äh ja hi, sorry, haha." Er schaute auf den Boden, aber zum Glück hatte seine Hand sämtlichen Kaffee abgefangen. "Ama, ja? Ein schöner Name." Er fühlte sich super braindead und wusste, dass es eine dumme Idee gewesen war, sich eine WG suchen zu gehen. Vermutlich würde er sich besser fühlen, wäre er einfach in einen Pappkarton unter eine Brücke gezogen. "Nemo, freut mich." Er ließ ihre Hand mal wieder los und folgte dann möglichst geschäftig wirkend Fumio in die Küche.
Unna folgte ihm nur auf halber Strecke, denn sie musste halt erstmal Ama besniffen gehen.

Jen nickte dem neuen zum Gruß zu. "Moin", sagte sie, stellte sich vor und schloss die untere Schrankzeile. "Kaffeetrinker, hm? Sympathisch", sagte sie. Sie setzte sich zwischen Seth und Ama, die entzückt den Dackel beobachtete, der in die Küche geschlichen kam und sich zu Tesco gesellte.
Wenn Jen ganz ehrlich war, hätte sie lieber weibliche Mitbewohner und war etwas enttäuscht darüber, dass nur ein Kerl in Klamotten, die sie selbst im Schrank haben könnte, vor ihr saß. Aber vielleicht war er ja auch überraschend in Ordnung. Sie seufzte leise.
"Bist du schon lang in der Stadt?", fragte sie.