the fuckening 2

Obwohl Maksim kein Bedürfnis nach Gesprächen hatte, wollte er nicht allein sein. Er stieß die Tür zum ersten Pub auf, den er entdecken konnte und trat ein.
Die Luft war stickig mit dem Atem der Gäste des Abends und der angebotenen Speisen, es war überwältigend für ihn nach Wochen in abgelegenen Gegenden. Es waren zwar nur noch wenige Gäste da, aber das war ihm genügend Gesellschaft.
Maksim ging direkt zur Bar und entschied sich nach einem Blick in die Karte an der Wand für den Whiskey, von dem er wusste, dass er am wenigsten scheußlich schmeckte, weil die Alternative nur in schlechtem Vodka bestand. Also gab er mit einer Geste dem Barkeeper zu verstehen, dass er bestellen wollte.

"Keine Eile, keine Eile, ich sehe dich", sagte Louis, der gerade ein Weinglas polierte, aber feststellen musste, dass es nicht sauber zu kriegen war, ohne es erneut abzuwaschen, weil Lippenstift wahres Dreckszeug für Gläser war. Mit einem Seufzen stellte er es wieder zum dreckigen Rest, dann wandte er sich dem Fremden auf der anderen Seite des Tresens zu.
"Unbekanntes Gesicht um diese Uhrzeit, wie aufregend", merkte er an und natürlich grinste er dabei, denn wann tat er das nicht. "Was darf's sein?"

"So spät noch einen Jamesons", bestellte Maksim und versuchte sich an einem schiefen Lächeln. Eigentlich wollte er schon mit jemandem reden, aber den Barkeeper zu nerven erschien ihm irgendwie ungerecht. Der konnte sich schließlich nicht wehren und Maksims sozialen Fähigkeiten waren noch nicht wieder normal. Also lächelte er vorerst nur schief.

Louis erwiderte das Lächeln weniger schief, denn er lächelte immer und stets perfekt, dann nickte er und drehte sich um, um einen Whiseky-Tumbler aus dem Regal zu klauben. "Einfach oder doppelt?", fragte er nach, mit Seitenblick auf Maksim. Er hätte ihm lieber eine heiße Schokolade gemacht als Whiskey, so sah er zumindest auch. Allerdings war für die meisten Leute eine heiße Schokolade die smartere Entscheidung als Whiskey.

"Doppelt", antwortete Maksim. Er versuchte den Barkeeper nicht bei jedem Handgriff zu beobachten, weil das creepy war, aber auch so ziemlich die einzige Ablenkung. "Und... und einen schwarzen Tee, bitte", fügte er an. Brennende und tröstende Wärme im Bauch erschienen ihm angemessen.

"Mit Eis oder ohne?", sagte Louis, nachdem er genickt hatte. Er griff aber nicht zum Eis. Maksim sah nicht aus wie jemand, der Eis im Whiskey wollte, aber manchmal täuschte die Optik ja auch. DAnn grinste er aber breitl. "Falls dir danach ist, kann ich dir auch einen Irish Coffee geben. Nur mit Tee. Was für einer soll's denn sein? Darjeeling aus dem Discounter oder Zeug mit echten Teeblättern?" Um die Uhrzeit bot er Leuten gern guten Tee an, wenn sie noch nicht hart zu waren.

Maksim rümpfte die Nase über das Eis, riss sich aber wieder zusammen und schaute den Barkeeper an. Er mochte sein Lächeln.
"Das klingt interessant, das probiere ich. Dann ist das Eis aus überflüssig. Und bitte mit richtigem Tee, in den Discounterbeuteln ist doch nur Straßenstaub und Herbstlaub drin." Er hörte selbst, wie muffelig er klang, aber er wusste, dass er mit dem Tee nicht falsch lag.

Louis gluckste. "Aufgekochte Bauchnabelfusseln kann man auch gratis kriegen, nicht wahr?" Louis holte ein dickes Glas hervor und kippte 4 cl Jameson hinein, dann stellte er Maksim vier Blechdosen vor die Nase mit unterschiedlichen Schwarzteemischungen drin, beziehungsweise, einmal pur, ein Earl Grey, ein Kashmir Chai und einmal Spicy Chai. Eigentlich machte er das nicht aber da grad eh nichts zu tun war, why not. Bisher wirkte der Dude ja sehr receptive. "Du hast die Qual der Wahl und den Wal des Quals, mein Guter. Nur Fragen von mir und keine Hilfe, hach." Er seufzte schwer. Barkeeper zu sein war zu mindestens dreißig Prozent der Zeit Geld verdienen mit dummen Fragen. Gut stellte er gern dumme Fragen.

Maksim feixte über die Bauchnabelfusseln und nahm die Dosen genauer unter die Lupe. Er verzog das Gesicht über Earl Grey. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand das Zeug freiwillig trank, der nicht Captain Picard war.
Schließlich entschied er sich für den einfachen, puren Schwarztee, indem er auf die Dose tippte. "Von diesem hier, bitte. Ohne Fusseln, vorerst." Er grinste. "Es sei denn natürlich, du bietest mir Hilfe an und sagst mir, dass eine andere Mischung besser schmeckt. Ich vertraue dir da."

"Ich habe dich vor fünf Minuten kennen gelernt, ich glaube ich muss dich noch ein wenig professionell begutachten ehe ich deinen Geschmack einschätzen kann", sagte Louis mit Zwinkern in der Stimme und machte sich dann mal ans Tee machen. Am Ende stellte er Maksim alles hin und kassierte das Geld dafür ein, schnappte sich wieder Gläser zum Polieren. Um die Uhrzeit war nicht mehr viel los, deshalb lohnte es sich nicht, jetzt noch eine Gläserrunde zu machen. Also schaute er wieder zu Maksim, der ja an der Bar saß. "Was verschlägt dich um die Uhrzeit hier hin? So spät, dass sonst alles zu hat, ist noch nicht", meinte Louis ganz locker.

Maksim schaute ihm beim Gläserpolieren zu. "Ich bin heute in die Stadt gekommen und mein B&B ist um die Ecke. Ich bin aber zu groggy, um länger zu laufen als nötig, war eine anstrengende Reise." Er legte seine Jacke ab, knöpfte seine Ärmel auf und krempelte sie bis zum Ellbogen hoch, weil ihm warm wurde, die Prellungen etwas weh taten und das neue Tattoo juckte. "Und selbst?", fragte er zurück. Irgendwie war es ihm nun doch angenehm mit jemandem zu reden. Die Unterhaltung mit diesem Mann fiel ihm leicht, auch wenn sie noch nicht lang gewesen war. Es war zur Abwechslung ein angenehmes Gefühl mit jemandem zu reden, der freundlich war und Interesse zeigte, ob es echt war oder nicht war Maksim egal. Das hatte er schon länger nicht mehr erlebt.